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FmB-Talks: Rebekka Pimperl “Kinderwunsch mit Behinderung – auch 2025 noch ein großes Tabuthema“

    Bei der 1. FmB-Generalversammlung am 14. November 2025 organisierten wir das Rahmenprogramm „FmB-Talks“. FmB-Mitglieder teilen ihre Erfahrungen, ihr Wissen, ihre Botschaft mit uns. Dieser Beitrag in der Reihe wurde von Rebekka Pimperl verfasst, sie ist bekannt für ihren Account rebekkas_inklusions_blog auf Instagram.

    FmB Talk von Rebekka Pimperl

    “Liebe Frauen* mit Behinderungen,

    da ich leider aufgrund von anderen beruflichen Verpflichtungen nicht an der heutigen Generalversammlung teilnehmen kann, freut es mich sehr, dass ich auf diesem Weg doch auch ein Stück dazu beitragen und die heutige Generalversammlung mitgestalten darf. Vorab möchte ich eine klare Triggerwarnung für Ableismus, Abtreibung und Kinderwunsch aussprechen.

    Kinderwunsch mit Behinderung – auch 2025 noch ein großes Tabuthema

    Wenn man als Frau mit Behinderung den eigenen Kinderwunsch thematisiert, eröffnet sich auch 2025 noch eine Galaxie an Vorurteilen.

    Als ich vor Jahren auf meinem Instagram-Inklusionsblog angefangen habe, über meinen eigenen Kinderwunsch zu schreiben, war ich in keiner Weise darauf vorbereitet, welche Ladung an ungefragten Meinungen mich innerhalb von kürzester Zeit erreichen wird.

    Es waren natürlich auch einige wenige ermutigende Nachrichten dabei, aber diese waren leider eindeutig in der Minderheit. Die große Mehrheit an Nachrichten sollte mir mitteilen, welch egoistischer Mensch ich bin, wenn ich als Frau mit Behinderung den Wunsch in mir tragen würde, Mutter zu werden.

    „Es gibt schon genügend Leid auf dieser Welt, man müsse nicht noch mehr Leid in die Welt setzen.“ oder „Behinderte Personen sollten überhaupt keine Kinder kriegen DÜRFEN!“ oder „Wenn man selbst behindert ist, sollte man wissen, wie traurig so ein Leben ist, sich dann noch zu reproduzieren, ist purer Egoismus.“ All das waren nur wenige der sich immer wiederholenden Nachrichten von nicht-behinderten Personen, die nicht die geringste Ahnung, dafür aber ganz schön viel Meinung über die Lebensrealität behinderter Menschen haben.

    Aber auch im medizinischen Bereich bin ich bereits am Beginn meiner Kinderwunschreise auf für mich bisher unvorstellbare Situationen gestoßen. Als ich das erste Gespräch über meinen Kinderwunsch mit meinem damaligen Gynäkologen führte, war seine erste Frage: „Wollen Sie einen Jungen oder ein Mädchen?“

    Als ich geantwortet habe, dass es mir nicht egaler sein könnte, da ich mich für ein KIND und nicht für ein Geschlecht entschieden hätte, entgegnete er mir grinsend: „Richtig so, Hauptsache gesund.“

    Dieses „Hauptsache gesund.“ ließ mich zusammenzucken, da dieser Satz in mir als Frau, die von der Mehrheitsgesellschaft offensichtlich nicht als „gesund“ tituliert werden würde, viel auslöste. Zum Glück fiel mir ein passender Konter ein: „Und wenn nicht? Es ist trotzdem MEIN Kind, das deshalb kein bisschen weniger geliebt werden wird.“

    Beschämt entschuldigte sich mein Gynäkologe bei mir für die unachtsame Bemerkung. Ich wurde dann aufgrund des Kinderwunsches an die Humangenetik überwiesen, wo ich über die Vererbbarkeit der Glasknochen aufgeklärt werden sollte. Dort hat man mir erklärt, dass man nicht sagen könnte, wie hoch das Risiko einer Vererbung ist, man könne mir aber garantieren, dass Glasknochen bereits im Mutterleib durch Untersuchungen festgestellt werden können und man mir auch noch in der Spätschwangerschaft die Möglichkeit einer Abtreibung anbieten würde, sollte mein ungeborenes Kind auch Glasknochen haben.

    In diesem Moment wusste ich, dass mich diese Kinderwunschklinik nie wieder sieht, denn keine zukünftige Mutter möchte hören, dass so über ihr noch nicht mal gezeugtes Kind gesprochen wird. Aufs Wesentliche reduziert, hat man mir damit gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen solle, denn ein Kind wie mich, würde man auch sehr spät noch abtreiben können.

    Warum betrachtet es unsere Gesellschaft als völlig legitim, dass derart abwertend über das Leben von Menschen mit Behinderung gesprochen werden darf? Noch schlimmer ist es, wenn selbst Ärzt:innen einen derart ableistischen Sprachgebrauch an den Tag legen, der zu verstehen gibt, dass ein Leben mit Behinderung ein Leben zweiter Klasse ist.

    Ein weiteres Phänomen, auf das ich immer wieder stoße, ist, dass sowohl im medizinischen als auch im gesellschaftlichen Bereich, sofort davon ausgegangen wird, dass meine Partnerin unser Kind austragen wird, sobald ich erwähne, dass ich in einer lesbischen Beziehung bin. Ab diesem Zeitpunkt wird nicht mal mehr ansatzweise davon ausgegangen, dass ich als Frau mit Behinderung vielleicht den Wunsch haben könnte, unser Kind selbst auszutragen. Dieses Recht wird mir von vornherein schon abgesprochen. Und ich frage mich mit welchem Recht müssen wir Frauen* mit Behinderungen uns solch triggernde Situationen ständig gefallen lassen?

    Es kann schlichtweg nicht sein, dass unsere Wünsche und unsere Lebenspläne weniger wert sind als jene von nicht-behinderten Frauen*. Das Recht Mutter zu werden, darf kein Privileg von nicht-behinderten Frauen* sein. Der Kinderwunsch von Frauen* mit Behinderungen ist genauso legitim wie jener von nicht-behinderten Frauen*.

    Deshalb ist es mir ein besonders großes Anliegen, Frauen* mit Behinderungen zu ermutigen, ihre Lebensplanungen umzusetzen und sich dabei nicht von ungefragten oder verletzenden Kommentaren von ihrem Weg abbringen zu lassen.

    Your Body – your Choice”